Spitznamen
Dr. Ludwig Köppen, Entlaßjahrgang 1961
Kinder sind nicht immer subtil in der Vergabe von Spitznamen. Lehrerin
Joost beispielsweise hieß in der Schülerschaft wegen ihrer etwas
altjüngferlichen Art "Omi Joost", da war nichts zu machen. Eines Tages
gestand sie unter Kichern: "An meiner früheren Schule hieß ich Omi Joost."
Niemand verzog eine Miene. Lehrer Enge andererseits, der einen Fuß
bekanntlich ein wenig nachzog, hieß kurz und bündig "Nurmi", und zwar nach
dem finnischen Langstreckenläufer Paavo Nurmi. - Seinerzeit war ich des
Öfteren im Lehrerzimmer tätig, da ich dort die elektronischen Geräte der
Schule betreute. Eines Tages, es muss im Jahr 1959 gewesen sein, trat
Lehrer Hein mit seinem typischen Schulterzucken, welches Ratlosigkeit und
Indignation signalisierte, in den Raum und rief: "Die Klasse 8 ist doch
ein verrückter Haufen! Ich habe eben vom Läufer Nurmi vorgelesen, und da
fing doch die ganze Klasse an zu kichern?" Herr Enge warf sich in seiner
gemütlichen Art auf seinem Stuhl herum und sprach gravitätisch mit seinem
unverkennbaren sächsischen Akzent: "Herrje – da muss doch einer Nurrrmi
heißen?! Weißt du etwas, Ludwig?" Ich wandte mich rasch ab und brachte ein
ersticktes "Nein" hervor, während mir zwei Tränen die Backen hinabrollten.
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